Mittwoch, 12. Februar 2014

Diese Geschichte wurde durch ein Lied verursacht. Sollten die Autoren des Liedes mir die Genehmigung erteilen, werde ich es am Ende der Geschichte einfügen.

12.02.2014

Leider wurde keine Genehmigung zum Veröffentlichen des Textes erteilt.
Aber diesen Link aus dem Netz kann ich zeigen. Hier ist das Lied samt Noten wohl frei zugänglich.

10.04.2014
Heute erreichte mich folgende Mail zu der Geschichte bzw. zu dem Link zu dem Lied, welches der Geschichte zu Grunde liegt.



Für mich ist es bedauerlich, dass zwar jeder das Lied auf einer CD hören kann und in Kirchen wird es wohl auch gesungen, aber die Rechte der Verfasser gehen nun einmal vor. Ich sehe mich nicht in der Lage für die Veröffentlichung des Textes zu zahlen und beuge mich der Forderung des Verlages.

11.04.201

Die Mail des Menschenkinder Verlages musste ich nun auch entfernen. Ich bleibe aber dabei, dass ich nicht in der Lage bin, für die Veröffentlichung des Textes zu zahlen. Es wurde mir zwar im Februar angeboten, aber scheinbar mache ich mich auch dann strafbar, wenn ich das Lied auswendig hersagen könnte und aufschreibe. Ich verstehe, dass der Verlag seinen Autoren verpflichtet ist, doch in diesem Land möchten GEMA und Verlage scheinbar jeder für sich Kasse machen. Es ist schade. Doch ich werde für diesen Blog bzw. seinen Inhalt kein Geld verlangen. Jeder darf es lesen, für sich kopieren, nur bitte nicht verändern. So wäre es auch schön gewesen, wenn unbürokratisch das Lied hätte veröffentlicht werden können. Einige würden aus dem Text Mut und Zuversicht schöpfen und es sicher auch singen.
Auch wenn der Verlag mich nun eventuell wieder anschreibt, etwas Menschlichkeit und Großzügigkeit in dieser kommerzialisierten Welt würde allen gut tun.
Zu Weihnachten spenden ist zwar schön, doch warum kann etwas Weihnachten nicht jeden Tag sein?

02.03.2014

"Dann hat der Himmel die Erde berührt"

Die Fahrräder stehen draußen an diesem kühlen Abend an Christi Himmelfahrt 2013.
Durch die Fenster fallen warm die Strahlen der untergehenden Sonne und langsam füllen sich die hölzernen Bänke. Vor uns, im weiten Saal der Kirche St. Laurentii in Süderende auf Föhr stehen Musikinstrumente, Notenständer und kleine Lampen leuchten diese aus. Unter dem Dach der Kirche schweben im zunehmenden Dämmerlicht die Messingleuchter mit ihren echten Wachskerzen. Wann sahen wir zuletzt so viele Wachskerzen leuchten? Zu Weihnachten in unserer Kindheit am Baum leuchteten weiße Kerzen und sonst? Mal bei einer Feier, bunte Kerzen oder zur Adventszeit auch rote.
            Links von uns, schon fast im Seitenschiff, nahm eine ältere Frau platz. Die Einzige in der vollen Kirche in friesischer Festtagstracht. Viele Besucher waren sicher Patienten der Rehaklinik Utersum und etliche Urlauber, so wie wir in diesem Jahr. Im letzten Jahr erlebte ich dieses Konzert, Gedanken zur Nacht, nicht mehr. Ich war schon zurück von meiner Reha.
Dann begann das Konzert, Gesang, Gedichte, Lieder und instrumentale Vorträge wechselten sich über neunzig Minuten ab. Am Ende, so war es vorher vereinbart Applaus für die Künstler und die CD von diesem Konzert wurde auch gekauft. Es wäre ein Konzert unter vielen geworden, wenn nicht dieses eine Lied da bei gewesen wäre. Ob die Verstorbenen auf dem Kirchhof auch dieses Konzert hören konnten? Ich weiß, Tote hören nicht, doch in solcher Umgebung und an einem solchen Abend kommen einem Gedanken, ob eventuell irgendetwas von uns Menschen weiter lebt. Unsere Seelen vielleicht, oder irgendetwas nicht fassbares, das unsere irdische Existenz überlebt. Merkwürdige Gedanken nach einem Himmelfahrtskonzert.
Für irgendwas muss doch solch ein Konzert gut sein, später merkten wir, dass noch andere Lieder uns nicht so einfach aus dem Kopf gingen, aber an diesem Abend war es dies eine Lied.
            Die erste Zeile des Refrains bildet die Überschrift, doch es lässt nicht los. Am Strand von Utersum, gleich neben dem Haus des Gastes, oben auf dem Deich steht eine Bank. Eine ganz gewöhnliche Bank und wenn man dort sitzt kann man dem Meer zuschauen, wie es kommt und geht und geht und kommt. Jeden Tag so viermal kann man dort zusehen. Aber noch etwas sieht der Sehende dort. Links die Insel Amrum und rechts Sylt. Dazwischen jedoch eine große Lücke. Das Tor zum weiten Meer, das Tor zur Welt und wenn der Tag sich zum Ende neigt sieht der Betrachter irgendwann keinen Unterschied zwischen dem Meer und dem Himmel. Alles bekommt die fast gleiche Farbe, das Rot des Sonnenunterganges ist verschwunden und plötzlich haben sich Himmel und Erde berührt. Jeder hat dieses Schauspiel schon irgendwann und irgendwo gesehen, doch selten so begriffen. Wir sitzen auf dieser Bank, schauen dem Abend zu, wie er die Welt in ein diffuses Licht taucht und langsam steigen Nebel aus dem Meer. Sie decken die Inseln zu, wie Fünkchen blitzen die Lichtfinger der Leuchttürme von den Inseln durch den Dunst. Noch immer summt das Lied im Kopf:
"Dann hat der Himmel die Erde berührt und unsre Erde den Himmel gespürt"
Wir spüren doch auch den Himmel, diese feuchte, kühle Luft auf unseren Gesichtern und den Händen. Wir atmen diese Luft ein, sie kriecht unter die Kleidung und erinnert uns Menschen daran, dass wir in unser Haus gehen sollen. Im Bett liegend sehen wir den Himmel, wohl wissend, dort draußen zwischen Amrum und Sylt ist das Tor zur Welt weit offen. Die Gedanken wandern zurück. Zurück zum letzten Jahr als ich hier zur Reha weilte, noch weiter zurück zu Urlauben der Vergangenheit und zurück zu Ereignissen des eigenen Lebens.
Zu schönen und weniger schönen Tagen, zu Erzählungen der Eltern und Großeltern.
Darüber kam der Schlaf.


Von Föhr nach Amrum und Sylt geschaut


            Nicht nur an der See erleben wir diese seltsame Berührung von Himmel und Erde.
Einmal, vor vielen Jahren, unser Sohn war noch kleiner, kletterten wir Zwei in den französischen Alpen einen Ziegensteig hoch. Anfangs ging es leicht von der Berghütte weg, dann wurde der Pfad schmaler und hörte ganz auf. Vor uns stand eine Schutzhütte, sie wollten wir erreichen, wollten sehen, wie es innen ausschaute. Wohnlich ist anders, aber es waren dort Brennholz, ein kleiner Ofen und Bänke. Zum Überstehen eines Unwetters würde diese Hütte reichen. Noch sahen wir nicht viel von dem, was hinter unserem Berg lag. Der Pfad wurde schmaler, glattes Gras bedeckte ihn und vorsichtig gingen wir weiter. Plötzlich öffnete sich der Horizont, unter strahlend blauem Himmel funkelten unzählige Berggipfel. Dicke Mützen aus Eis und Schnee bedecken die Häupter dieser majestätischen Höhen. Wie graue, lange Haare alter Männer laufen an den Flanken Gletscher talwärts und so weit das Auge reicht, nur dieses Bild. In den Tälern ducken sich kleine Orte, nur die Dächer mit ihren roten oder orangenen Ziegeln leuchten in der Sonne. Ganz weit hinten, da wo das Auge nichts mehr scharf sehen kann, verschmelzen der Himmel und die Berge zu einer einheitlichen graublauen Wand. Auch dort haben sich Himmel und Erde berührt. Andächtig schweigend schauen wir diese grandiose Natur, jeder hängt seinen Gedanken nach. Dann müssen wir los, stehen vorsichtig auf und machen uns talwärts auf den Weg. In der Nähe der Seilbahnstation wartet schon meine Frau, fahren wir oder laufen wir bergab? Wir liefen bergab. Über eine Schotterpiste, der Wirtschaftsweg der Hirten, ging es immer weiter talwärts. Unsere Wasserflaschen waren leer, der Weg noch weit und die Sonne brannte vom azurblauen Himmel auf uns Wanderer. Nur noch eine kleine Biegung, dann kam die Rettung. Ein kristallklarer Bach stürzte sich vom Felsen ins Tal. Über bunte Kiesel plätscherte das Wasser sich kreiselnd an uns vorbei. Rinder gab es hier oben noch nicht, der Bach war sauber und wir tranken erst einmal aus der hohlen Hand dieses frische Nass. Die Flaschen füllten wir, setzten uns einen Moment auf das Gras und schauten dem munteren Bach zu. Heute weiß ich, so wie der Bach fröhlich kreiselnd zu Tal rauschte, so fröhlich tanzen kleine Kinder durch das Leben.
Erst später, mit der Last der Jahre, werden wir bedächtig und vorsichtig, so wie der kleine Bach irgendwann und irgendwo sich mit andren Bächen vereint, anschwillt, um dann im Tal als Fluss, beladen mit Sedimenten in graugrüner Farbe zum Mittelmeer zu strömen. Dort sind die Flüsse nicht grau, braun oder blau, nein sie sind von den Sedimenten gefärbt wirklich graugrün oder fast grün.

Auf unserem Weg lag noch die alte Sennhütte. Heute ein Museum, damals Heimstatt von Menschen, welche aus der Milch der Rinder Käse und Butter fertigten. Auch hier sorgte ein Quell für Wasser, Holz für Wärme und diese Hütte zeigte, wie wenig wir Menschen eigentlich benötigen, um glücklich leben zu können. Manche beten "unser täglich Brot gib uns heute." Es ist war, wenn wir unser täglich Brot haben, es den Hunger stillt, ein frischer Quell unseren Durst stillt und dann noch Menschenworte uns die Einsamkeit vertreiben, dann hat der Himmel die Erde berührt.


Sennhütte Valmorel Sommer 1995

Inzwischen sind wir schon einige Monate von Föhr zurück, doch das Lied summt immer noch im Kopf. Wieder und wieder kreisen die Gedanken um den Text. Wir müssen gar nicht reisen, um den Himmel die Erde berühren zu sehen.
            Damals, als wir Kinder waren, schien uns die Welt groß und voller Abenteuer. Gefahr? Uns konnte nichts geschehen. Erinnert ihr euch? Als wir losgingen, zwischen Feldern und Wiesen rumstreiften, da konnten wir oft den Himmel die Erde berühren sehen. Erinnert ihr euch an das Summen der Bienen in den Blumen, das Wogen des Grases oder der Kornfelder? Wie hoch das alles war. Wie das roch, nach Sonne, Wärme und Staub, doch nach einem Regen so frisch. In der Ferne der Wald schimmerte grau, wenn die Sonne die Stämme der Kiefern beleuchtete, leuchteten sie rotbraun und hell. Unter den Kronen der Bäume war es kühler, Sonnenlicht geisterte in gelben Flecken auf dem Waldboden, Käfer und Ameisen krabbelten zwischen Moos und Kiefernnadeln umher. Am Horizont verschwammen die Erde und der Himmel. Egal wie weit wir gingen, immer berührten sich dort Himmel und Erde. Diesen Rand erreichten wir nie. Heute wissen wir, es ist alle Physik, damals war es einfach nur spannend. Heute vermissen wir die Sorglosigkeit der Kindertage, das Staunen und sich wundern, das Freuen über kleine Käfer, Blumen oder Kieselsteine. In unseren Enkeln sehen wir unsere vergessen geglaubten Erinnerungen wieder auferstehen. Manchmal, wenn die Kleinen bei uns sind, kommt wohl ein kleines Stück Kindheit zurück. Dann hat der Himmel wieder die Erde berührt und wir haben den Himmel gespürt.




"Mit den Augen von Kindern" aufgenommen 2010
















Kolkwitz im Februar 2014